Inklusion: Wie barrierefrei ist Ihre Website?

13. Mai 2024

Um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken, wird im Juni 2025 der European Accessibility Act im EU-Raum verbindlich. Ab diesem Zeitpunkt müssen digitale Angebote festgelegte Anforderungen an einen barrierefreien Zugang erfüllen. Was das für Ihre Website bedeutet, erfahren Sie hier.

Wer ein öffentlich zugängliches Gebäude baut, muss dabei auf die Bedürfnisse von Menschen mit einer Behinderung Rücksicht nehmen. Das hindernisfreie Bauen ist in nationalen, kantonalen und kommunalen Gesetzen verankert. Im Internet ist die Inklusion hingegen noch nicht ganz so weit fortgeschritten, abgesehen von der öffentlichen Hand geschieht vieles – wenn überhaupt – auf freiwilliger Basis.

Dies ändert sich jedoch bald: In Umsetzung der EU-Richtlinie über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen – auch bekannt als European Accessibility Act EAA – treten europaweit entsprechende Gesetze in Kraft. Am 28. Juni 2025 wird zum Beispiel in Deutschland das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wirksam, in Österreich das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG). In den neuen Gesetzen sind Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung von Websites und anderen digitalen Kommunikationsmitteln verankert. Sie sind rechtlich verbindlich – auch für Schweizer Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen in Deutschland, Österreich und anderen EU-Staaten anbieten.

 

Gute Gründe für eine barrierefreie Website

Wenn Sie Ihre Website barrierefrei gestalten, erfüllen Sie aber nicht nur gesetzliche Vorgaben oder erweisen Menschen mit einer Behinderung einen Gefallen. Sie positionieren sich auch als faires Unternehmen, das seine soziale Verantwortung ernst nimmt. Und nicht zuletzt steigern Sie die Attraktivität und Nutzungsfreundlichkeit der Seite für alle, erhöhen Traffic und Reichweite, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Hier die besten Argumente für inklusive Internetseiten in Kürze

  • Grösseres Zielpublikum
    Rund 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben mit einer Behinderung. Für viele unter ihnen ist der Zugang zu digitalen Angeboten erschwert. Mit einer barrierefreien Website können Sie diese Personen wirkungsvoll ansprechen und von Ihren Produkten und Dienstleistungen überzeugen.
  • Gestärktes Image
    Wer überzeugend auf Inklusion setzt, wird als verantwortungsbewusstes und faires Unternehmen wahrgenommen und gewinnt zusätzliche Sympathien.
  • Bessere Auffindbarkeit
    Auch Suchmaschinen wie Google mögen barrierefreie Internetseiten, denn diese sind oft besser strukturiert und verwenden klare, präzise Inhalte. Dies führt zu einer höheren Auffindbarkeit der Website.
  • Höhere Nutzungszufriedenheit
    Die ausgeprägte Benutzerfreundlichkeit einer barrierefreien Website kommt allen Personen zugute – unabhängig von allfälligen Einschränkungen. Dies führt zu höherer Benutzerzufriedenheit und wiederkehrenden Besuchen.
  • Reduzierte Absprungrate
    Wenn Menschen mit einer Behinderung auf eine Website gelangen und feststellen, dass diese nicht auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist, verlassen sie die Seite mit grosser Wahrscheinlichkeit schnell wieder.
  • Stärkere Kundenbindung
    Indem Sie Ihre Website barrierefrei gestalten, zeigen Sie Ihren Kundinnen und Kunden, dass Sie ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Dies stärkt die Bindung und führt zu langfristigen Kundenbeziehungen.

 

Behinderungen sind weit verbreitet

Gemäss Bundesamt für Statistik leben in der Schweiz rund 1,8 Millionen Menschen mit einer oder mehreren Behinderungen. Dazu zählen sowohl körperlich bedingte als auch psychisch oder geistig bedingte Einschränkungen sowie Mischformen. Rund 15 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren sind von funktionellen Einschränkungen in ihrem Seh-, Hör-, Geh- oder Sprechvermögen betroffen. Besonders häufig sind dabei Sehbehinderungen. Von den Personen über 40 Jahre haben mehr als zehn Prozent eine leichte oder starke Sehbehinderung.

Menschen mit starker Sehbehinderung brauchen inklusive Websites für einen Zugang zum Internet

Behinderungsformen und Barrieren

Je nach Form und Ausmass einer Behinderung können Betroffene auf Websites und anderen digitalen Angeboten mit spezifischen Barrieren konfrontiert sein.

  • Sehbehinderung und Blindheit
    keine Alternativen für visuelle Informationen
    schlecht erkennbare Farbkontraste
  • Hörbehinderung und Gehörlosigkeit
    keine Alternativen für gesprochene Informationen
  • Motorische Behinderung
    schlechte Tastaturbedienbarkeit
  • Kognitive und neurologische Behinderungen
    sich bewegende Objekte
    Komplexität in Sprache und Struktur

Nicht nur für Personen mit einer Behinderung bringt Inklusion im Internet Vorteile. Auch ältere Menschen, bei denen die Seh- und Hörleistung sowie kognitive Fähigkeiten nachlassen, profitieren von Barrierefreiheit. Selbst bei temporäreren Behinderungen wie bei einem gebrochenen Arm oder bei scheinbaren Banalitäten wie schlechten Lichtverhältnissen ist eine bessere Zugänglichkeit im Web ein Plus für uns alle.

Mit der Möglichkeit, über die Tastatur zu navigieren, wird die Nutzung von Websites inklusiver.

Verbindliche Vorgaben

Mit dem European Accessibility Act hat die EU eine verbindliche Verordnung in Kraft gesetzt, um ein inklusives digitales Umfeld zu schaffen. Der EAA sowie die länderspezifischen Umsetzungen wie BFSG in Deutschland oder BaFG in Österreich geben den rechtlichen Rahmen vor, enthalten aber keine spezifischen technischen Normen für Barrierefreiheit. Zu diesem Zweck gibt es international anerkannte Standards wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die aktuell in der Version 2.2 vorliegen. Die Richtlinien der WCAG basieren auf vier Prinzipien:

  • Wahrnehmbarkeit
    Informationen und Bestandteile der Benutzerführung müssen klar und erkennbar präsentiert werden.
  • Benutzbarkeit
    Bestandteile zur Navigation und Interaktion müssen für alle nutzbar sein.
  • Verständlichkeit
    Die Inhalte der Seite sowie die Benutzeroberfläche müssen intuitiv und verständlich sein.
  • Robustheit
    Inhalte müssen sich von vielen Technologien, darunter auch Assistenzsysteme, verlässlich interpretieren lassen.

Die WCAG 2.2 weisen drei Konformitätsstufen aus: die Levels A, AA und AAA. Die Stufen bauen aufeinander auf. In Stufe A sind die Basisanforderungen der Barrierefreiheit festgehalten. Die Konformitätsstufe AA enthält Anforderungen für gute Barrierefreiheit und ist in den meisten Ländern als Mindeststandard definiert. In der Schweiz ist die Erreichung der Konformitätsstufe AA derzeit für digitale Angebote der öffentlichen Hand vorgeschrieben. Das Level AAA umfasst zusätzliche Anforderungen für bestimmte Bedarfsgruppen. Sie ermöglicht beste Zugänglichkeit für alle, lässt sich zum Teil aber nur mit grossem Aufwand erreichen. Auch darum wurde Level AA gesetzlich verankert: Auf dieser Stufe wird Barrierefreiheit für viele bei einem machbaren Aufwand möglich.

10 Tipps für barrierefreie Websites

Ab dem 28. Juni 2025 müssen im EU-Raum die Vorgaben des European Accessibility Act umgesetzt werden. Wir haben zehn Tipps für Sie zusammengestellt, wie Sie Ihre Website schon heute inklusiv gestalten können:

Einfache Sprache, strukturierte Inhalte, alternative Texte, kontrastreiche Farben, bedienbar per Tastatur, Untertitel anbieten, anpassbare Seiten- und Textgrösse, Ablenkungen vermeiden, Prüf-Tools nutzen, Feedback einholen
  1. Verwenden Sie eine einfache Sprache
    Stellen Sie sicher, dass der Inhalt leicht verständlich ist, damit ihn alle problemlos erfassen können. Optional können Sie die Inhalte ergänzend auch in vereinfachter Form («Leichte Sprache») anbieten.
  2. Strukturieren Sie den Inhalt
    Nutzen Sie Überschriften, Absätze und Listen, damit sich die Inhalte rasch und einfach erfassen lassen.
  3. Bieten Sie alternative Texte an
    Versehen Sie alle Bilder mit aussagekräftigen Alternativtexten, damit sehbehinderte Personen den Inhalt verstehen.
  4. Nutzen Sie kontrastreiche Farben
    Achten Sie darauf, dass Texte klar vom Hintergrund abgesetzt sind, um die Lesbarkeit zu verbessern.
  5. Sichern Sie die Tastaturbedienbarkeit
    Für eine barrierefreie Navigation sollten die Funktionen der Website auch über die Tastatur zugänglich sein.
  6. Bieten Sie Untertitel an
    Versehen Sie Audio- und Videoinhalte mit Transkriptionen und Untertiteln, damit Menschen mit einer Höreinschränkung den Inhalt verstehen.
  7. Machen Sie Seiten- und Textgrösse anpassbar
    Für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung sind grosse Texte besser lesbar.
  8. Vermeiden Sie Ablenkungen
    Für eine unterbrechungsfreie Navigation sollten Sie automatische Umleitungen oder störende Aktualisierungen deaktivieren.
  9. Nutzen Sie Prüf-Tools
    Mit speziellen Tools können Sie die Zugänglichkeit Ihrer Website testen und mögliche Barrieren identifizieren.
  10. Holen Sie Feedback ein
    Geben Sie den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, Rückmeldung zur Zugänglichkeit der Website zu geben, damit Sie die Barrierefreiheit kontinuierlich verbessern können.

 

Machen Sie Ihre Website barrierefrei – wir unterstützen Sie dabei!

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